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DAS NEUE WILDE DENKEN

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Christina Kessler

Der Ausdruck “Wildes Denken” wurde von dem französischen Ethnologen Claude Lévi-Strauss geprägt, der in den 60er Jahren nach grundlegenden Strukturen des Denkens geforscht hatte.
Zwei Denkstrukturen hatte er herausgefunden: a) Das rationale Denken, das in Gegensatzpaaren (“binären Oppositionen”) denkt und typisch ist für die westliche Zivilisation. Und b) das Wilde Denken, das er vorwiegend bei Naturvölkern fand.

Was ich in meiner Arbeit ganz allgemein und in meinem Artikel “Das neue Wilde Denken” im Besonderen zeigen möchte, und was ich für äußerst wichtig erachte:

Wildes Denken ist nicht einfach prä-rationales Denken. Es ist das mystische Denken per se und im Menschen komplementär zum rationalen Denken anglegt.
Es hat nicht nur eine völlig andere Denkstruktur als das rationale Denken, es funktioniert auch völlig anders. Es löst völlig andere kognitive, aber auch biochemische Vorgänge aus. Es ist anderen Gehirnregionen zugeordnet und führt zu anderen Entscheidungen und Verhaltensformen als das rationale Denken.

Wildes Denken ist ein durch und durch integrierendes Denken. Es ist Weisheitsdenken. Orientierungsdenken. Es ist uns zur Erforschung der innereren – geistigen – Räume gegeben, während das Rationale für unser Bestehen in der materiellen Außenwelt notwendig ist. Beide gehören zusammen! Nur durch die Benutzung beider können wir das volle Spektrum des menschlichen Bewusstseins entfalten.

Wildes Denken ist nicht Intuition. Aber es führt (!) zur Intuition. Das ist ein wesentlicher Unterschied.
Wildes Denken ist auch nicht Fühlen, aber es ist unmittelbar an das Fühlen gebunden.

Das Wichtigste: Wildes Denken führt zum Lieben. Zum bedingungslosen Lieben.

Wir Westler sind, so möchte ich einmal behaupten, rational so verbildet, dass wir gar nicht mehr wild zu denken in der Lage sind. Ganz ähnlich, wie wir uns nicht mehr mit der natürlichen Geschmeidigkeit eines Wilden im Urwald bewegen können.
Hätte ich nicht so lange Zeit mit indigenen Kulturen gelebt, wäre ich niemals darauf gekommen, dass dieses Denken zu unterschiedlichen Wahrnehmungen, Werten und Verhaltensmustern führt.

Es hat lange gedauert, bis ich in der Tiefe verstand, warum die Art von Fortschritt und Karriere, der wir im Westen alle hinterher hecheln, für solche Völker gar nicht interessant ist. Dass es ihnen um ganz andere, grundlegende Dinge geht: Um das Eins-Sein mit der Natur. Um die Sorge für ihre Nächsten und die Freude am Miteinander. Darum, sich die Freiheit zu bewahren, den Gesetzen der Natur gehorchen zu können.

Was diese Erkenntnis auch bedeutet: Die spiralförmigen Entwicklungsmodelle, die heute so hoch im Kurs stehen, werden uns auf die falsche Spur führen, beziehen wir diesen Umstand nicht rechzeitig mit ein.
Die falsche Spur heißt: Wir werden nicht intelligenter und bewusster durch die Verwendung solcher Modelle. Wir werden nur noch ein weniger überheblicher. Nur noch ein wenig blinder für das unmittelbare Erkennen des Wesentlichen. Nur noch ein wenig umständlicher und langatmiger in unseren alltäglichen Lebensentscheidungen.

Eure Christina Kessler, Erstveröffentlichung

Büchertipps:

Wilder Geist – Wildes Herz: Kompass in stürmischen Zeiten
amo ergo sum: Ich liebe also bin ich
Herzensqualitäten: Die Intelligenz der Liebe



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